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Am 7. Oktober 2022 gab es Grund zum Feiern: Im Rahmen einer Pressekonferenz begrüßten Bezirksstadträtin Camilla Schuler, Bezirksbürgermeister Michael Grunst zusammen mit Dr. Sandra Born (Fachliche Koordinatorin der Kinderarmutsprävention) und Martina Müller (Leitung der AG Armut & Gesundheit), dem Amtsarzt, Vertreter*innen aus den Schulen und verschiedener Institutionen die drei neuen Schulgesundheitsfachkräfte. Dass es diese drei Personen gibt, ist in verschiedener Hinsicht bemerkenswert – und eine direkte Antwort auf die Situation von Kindern und Jugendlichen in Armutslagen in der Schule: Wenn auch der Bezirk nicht direkt etwas an der Armutssituation von Familien verändern kann, so kann aber durchaus mehr Chancengleichheit durch die Gestaltung der Lebenswelten erreicht werden. Interessierte Schulen gab es genug für dieses wichtige Modellprojekt, ausgewählt wurden aber die teilnehmenden Schulen anhand des Sozialindex.

Was sind überhaupt Schulgesundheitsfachkräfte?

Die Aufgaben der Schulgesundheitsfachkräfte sind vielfältig: Sie sind leicht erreichbare Ansprechpersonen für Kinder und Lehrkräfte, sie sorgen für die Vernetzung zwischen den Bereichen Bildung und Gesundheit, und sie helfen dabei, Schuldistanz zu verringern. Damit können sie dazu beitragen, die gesundheitliche und schulische Chancengleichheit zu erhöhen. Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) sagte:

Dass jedes dritte Kind in Lichtenberg in Armut lebt und dadurch soziale wie auch gesundheitliche Einschränkungen erfährt, ist ein Fakt, den wir als Bezirksamt so nicht hinnehmen. Chancengleichheit darf keine Worthülse sein und die Schulgesundheitsfachkräfte leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass Gesundheit und Bildungsgerechtigkeit nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.“  (Quelle: Pressemitteilung des Bezirksamtes Lichtenberg)

Ressortübergreifende Arbeit als Voraussetzung

Dass es überhaupt dazu kommen konnte, dass die Schulgesundheitsfachkräfte tätig werden, ist ein direktes Ergebnis der kontinuierlichen Arbeit der AG Armut und Gesundheit seit 2019. Am Anfang stand die gute Praxis von Schulgesundheitsfachkräften im Land Brandenburg und in Hessen. Dieses Konzept wurde für Lichtenberg angepasst. Was es zu einem echten Baustein gegen Kinderarmut machen soll, ist einerseits die sozialräumliche Ausrichtung. Zudem erhalten die Fachkräfte, bezirklich finanziert, eine fundierte und armutssensible einjährige Weiterbildung an der Evangelischen Hochschule Darmstadt

Zusätzlich wird das Projekt von der Alice Salomon Hochschule Berlin evaluiert und kooperiert eng mit dem Sana Klinikum Lichtenberg.

Vorstellung der Gesundheitsfachkräfte auf der 2. Wirkstatt Lichtenberg

Der Pressekonferenz vorangegangen war am 16. September 2022 die 2. Wirkstatt Lichtenberg, begleitet von Dagmar Lettner aus dem Team MitWirkung. Neben vielen anderen engagierten Personen nahmen auch drei besondere Menschen teil, nämlich die neuen bezirklichen Schulgesundheitsfachkräfte.

Politische Rückendeckung

Rückendeckung erfährt das Vorhaben schon in der Wirkstatt durch die engagiert mitwirkende Bezirksstadträtin für Familie, Jugend und Gesundheit, Camilla Schuler. Sie betont die Vorreiterrolle ihres Bezirks und begründet ihr Engagement unter anderem mit persönlichen Gesprächen mit Kindern, die das Rathaus besuchen: Anders als früher sprechen sie viele Kinder auf das Thema Armut an – und nennen als größten Wunsch, dass niemand arm sein muss. Gerade deshalb sei es wichtig, dass mit den neuen Fachkräften ein direkter Kontakt zu den Kindern hergestellt sei, sagt Camilla Schuler. Sie betont, dass es jetzt um eine Entfristung und Aufstockung gehen müsse.

Wie wichtig es ist, den Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit aktiv zu begegnen, macht Martina Müller immer wieder deutlich, in der Pressekonferenz, in ihrer Arbeit mit Fachkräften, in der Wirkstatt. Insofern zeigt sich hier ein großer Erfolg der AG Armut und Gesundheit Lichtenberg.

In ihrem Impulsvortrag spricht sie über den Zusammenhang von Kinderarmut und Gesundheit bzw. Krankheit: Neben direkten Folgen wie schlechterer Zahngesundheit, erhöhten Adipositaswerten und Depressionen sind auch Veränderungen der Gehirnstruktur von Kindern nachzuweisen, die in Armutslagen leben. Das kann zu geringeren kognitiven Leistungen führen und Folgen haben wie etwa eine schlechtere Gefühlsregulierung. Damit kann sich Armut in der Kindheit auf den gesamten Lebensverlauf negativ auswirken. Martina Müller macht damit deutlich, wie wichtig es ist, die Umweltbedingungen für Kinder in Armutslagen zu verbessern und so gesundheitliche Chancengleichheit zu erhöhen.

Ein Instrument dazu ist die Arbeit der Schulgesundheitsfachkräfte. Sie werden im besten Fall zur Netzwerkstelle an den Schulen, zu Vertrauenspersonen der Kinder und helfen so auch, Schuldistanz zu vermeiden.

Wie geht es weiter?

In der Wirkstatt wurde also nicht nur gefeiert, es wurde auch weitergedacht und -gearbeitet. In Arbeitsgruppen haben wir gesammelt, woran sich die Wirksamkeit des Projektes Schulgesundheitsfachkräfte messen lässt in Bezug auf die Zielgruppen Schule – Kinder – Eltern. Woran erkennen wir, dass etwas bei der Zielgruppe ankommt?

Wirkung erkennen

Wirkung erkennen

Im Anschluss haben wir in die Zukunft geblickt. Was braucht es – über die Arbeit der drei Fachkräfte hinaus – noch, um Strukturen armutssensibel und wirkungsvoll zu gestalten? Die Arbeitsgruppen entwickelten konkrete Vorschläge dazu, von kleinteiligen, direkt umsetzbaren Ideen bis hin zu Fernzielen.

Ideenkoffer

Ideenkoffer

Die WirkStatt endete mit einem Video-Grußwort von Prof. Ulrike Manz von der Evangelischen Hochschule Darmstadt.