alle Fotos: Clara Lehmann
„Es ist so schwierig, die Defizitbrille abzulegen„, so fasste ein Teilnehmer unsere Diskussion über den Umgang mit Armut zusammen. In unserer zweiten Lernwerkstatt haben wir uns mit den Narrativen rund um Armut beschäftigt. Welche Bilder sind in unseren Köpfen? Wie wird über Familien berichtet, die mit der Armut kämpfen? Wo werden Ursachen gesehen, und welche Herangehensweisen ergeben sich aus diesen Erzählungen?
„Wir blicken alle sehr unterschiedlich auf Armut„, sagte eine andere Teilnehmerin, etwas erschrocken über diese Erkenntnis, aber auch froh über die Möglichkeit, genau diesen Austausch zu führen – mit Menschen, die sich einig sind in der Motivation, die Lebenslagen armutsbetroffener Familien zu verbessern.
Im ewigen Prozess begriffen wie die Sagrada Familia, bunt und voller Leben wie eine Straßenszene, mutig und aufmerksam wie eine Löwin: Am Anfang der Lernwerkstatt standen viele starke Bilder, so unterschiedlich wie die Teilnehmenden. Jedes einzelne stellte einen Teilaspekt unserer Arbeit da. Denn wir gestalten ein neues Arbeiten im Sinne der Berliner Kinder in Armutslagen.
Zu einer gesamtstädtischen Strategie gegen die Folgen von Kinder- und Familienarmut gehört deshalb nicht nur der Strukturaufbau, so wichtig er ist. Auch der Blick auf die eigene Haltung gehört dazu und die Auseinandersetzung mit den Fragen:
- Was bedeutet Armut eigentlich für mich und für uns?
- Wie sprechen wir über dieses sensible Thema?
- Welche Perspektive nehmen wir dazu ein?
- Und was können wir tun, damit der gesellschaftliche Umgang mit Armut ein stärkender wird – weg von der Stigmatisierung und weg von Schuldzuschreibungen, hin zu einer Haltung, die die Teilhabe ALLER Familien ermöglicht?
Zu diesen Fragen haben wir mitten in einem der Berliner Kieze gearbeitet. nämlich im wunderbaren Tanzsaal des Refugio, einer Neuköllner Einrichtung der Stadtmission. Hier kamen am 7. November engagierte Kolleg*innen aus 7 Bezirken zusammen. Was uns besonders gefreut hat: Die besondere Atmosphäre des miteinander Gestaltens, die in der ersten Lernwerkstatt entstanden ist, hat sich gehalten. Wir sind miteinander in einem Austausch, der es auch ermöglicht, ganz unterschiedliche Meinungen auszutauschen und stehenzulassen – und das (noch) nicht Perfekte zu teilen.
Wir stehen noch ganz am Anfang – aber wir setzen einen Anfang, aus dem etwas Neues wachsen kann. Und darauf freuen wir uns.